YouTube in der Kirche

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Denkt man an Gottesdienst und Kirche, kommen den wenigsten YouTube, Apps oder Computer in den Sinn. Kirchen gelten als Orte der Besinnung, in denen digitale Technik keinen Platz hat. Dass dies auch ganz anders geht, zeigt die Pfarrerin Juliane Fischer von der Emmaus-Kirche in Hallbergmoos. Im Interview verrät sie, wie digitale Medien auch im Gottesdienst eine Rolle spielen können und gibt Tipps, wie trotz ständiger Erreichbarkeit ein entspannter Umgang mit der Technik gelingt.

Digitale Technik ist omnipräsent und aus dem Leben der Menschen nicht mehr wegzudenken. Integrieren Sie diese auch in der Kirche?
Digital ist voll in der Emmaus-Kirche angekommen. Internet und neue Medien begleiten den Alltag der relativ jungen Gemeinde in Hallbergmoos und finden so auch Einzug ins Gotteshaus. Sound-Anlage, PC und Beamer sind aus dem Gottesdienst nicht mehr wegzudenken. Wir gestalten auch Gottesdienste mit YouTube-Videos oder messen die Stimmung der Gemeinde per App. Wir müssen ernst nehmen, dass Zugang zu analogen Wirklichkeiten heute digital gesucht wird. Die Kirche will deswegen auch in digitalisierten Lebenswelten Präsenz zeigen.

Können Kirchen dann trotzdem noch als Orte der Entschleunigung und Besinnung dienen?
Natürlich kann der Wert einer analogen Begegnung durch digitale Angebote nicht aufgehoben werden. Soll er auch gar nicht. In die Emmaus-Kirche kommen viele Menschen, die einen Ausgleich zum schnelllebigen, multimedialen Alltag wünschen. Sie suchen analoges Erleben – im Gottesdienst, draußen in der Natur, in der Gemeinschaft. In Zeiten, in denen wir viel vor Bildschirmen sitzen, werden persönliche Begegnungen und tiefe, vertrauensvolle Beziehungen immer wichtiger.

Was raten Sie Menschen, die durch Medien und das ständige Verfügbarsein an Stress leiden?
Zerstreuung, Hektik und Erreichbarkeitsdruck sind typische Begleiterscheinungen digitaler Wirklichkeiten. Wer sich durch Medien und Always On getrieben fühlt, sollte bewusst innehalten und in die Stille, in die Kontemplation, gehen. In vielen größeren Städten bieten Kirchen Räume der Stille an, in denen man runterfahren kann. Gespräche mit Vertrauenspersonen können helfen, im nächsten Schritt die aktuelle Situation zu reflektieren und das eigene Leben aus einer Metaperspektive zu betrachten. Auch digitales Fasten, das Zurückziehen von digitalen Medien und Internet, kann heilsam sein. Digital Detox gibt dem Leben mehr Tiefe. Bewusste, regelmäßige Offline-Zeiten können dazu anregen, Verhaltensmuster in digitalen Welten zu hinterfragen. Man lernt zu unterscheiden, in welchen Bereichen man tatsächlich online sein muss und in welchen man nur denkt, es zu müssen. Dadurch können analoge Erlebnisse bewusster in den Alltag integriert werden.

Welchen Umgang mit digitalen Medien würden Sie empfehlen?
Dass die Digitalisierung auch ein Segen ist, steht außer Frage. In meinem Arbeitsalltag spielen Smartphone, E-Mails und digitale Datensicherung ebenso eine Rolle wie in den High-Tech-Büros des MABP. Zentral ist jedoch, der gesellschaftlichen Erwartung, immer verfügbar, up-to-date und leistungsstark zu sein, ein Gegengewicht zu geben. Eine heilvolle Gegenideologie kann die christliche Botschaft sein. Es ist wichtig zu sagen: Du bist nicht nur wertgeschätzt und geliebt, wenn du ein omnipräsenter und universal erreichbarer Mensch bist. Auch Offline-Phasen gehören zum Leben. Guten Gewissens abschalten zu können – wörtlich und mental – ist eine wertvolle Kompetenz im digitalen Zeitalter.

 

Bildmaterial © Pexels

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